Liebes Fahrrad,

es ist mir bewusst, dass es reichlich spät ist für diese Worte, und vermutlich gibt es wenig Chancen für einen Neuanfang. Ich weiss nicht, warum es so oft einer Kathastrophe oder eines Verlustes bedarf, damit wir Menschen zu denken beginnen ... Unaufmerksamkeit schleicht sich ein wie ein grässlicher Dämon, pflanzt sich ein und vernebelt die Gefühle.

Du hast oft unter meiner Dominanz leiden müssen. Immer habe ich bestimmt, wohin die Fahrt ging. Nie habe ich mir überlegt, ob Du nicht mal raus müsstest aus der Stadt, oder was Du während der Wartezeiten so treibst. Was ist Dir durch den Lenker gegangen, während der vielen Stunden, in denen wir gemeinsam unterwegs waren?

Wer war es, dem Du erlaubt hast, Dich aus Deiner Umklammerung in der Lehargasse entreissen zu lassen, Ihm Dein Schloss darzubieten... und es knacken zu lassen. Einfach so... Waren all unsere gemeinsamen Monate bedeutungslos ? Was hat er Dir versprochen? Oder war es eine sie?

Doch haben wir uns nicht Treue geschworen, bis das der Rost uns scheidet? Es tut mir so leid. Du bist von edlem, teurem Gestäng', Du hättest mehr Aufmerksamkeit verdient, und mehr Fürsorge, ich weiss das jetzt.

Komm zurück. Bitte denk doch auch an unsere gemeinsame Pumpe. Sie steht am Balkon und hält Ausschau, sie fragt nach Dir, andauernd. Ich weiss nicht, was ich ihr sagen soll. Und welches Leben sich ihr bieten wird, jetzt wo ihr in so jungen Jahren das Fahrrad entrissen wird, einfach so. Einfach so.

Ich habe noch so viele Fragen, so viele Entschuldigungen, so vieles, vieles zu teilen und zu besprechen... bitte lass uns reden. I love you. Please come back.