Sonntag, 12. September 2010

Kolumnen im Falter August 2010

Klischee

Letztens sah meinem Hund zu, wie er sich umbringen wollte. Weil der schwamm stundenlang im See im Kreis, kam aber nicht um die Burg zu mir zurück, weil ich war ja die lästige Gurken mit der Leine. Apropos Gurke und Leine. Da war ein Pärchen am Ufer, sie Thai, er Österreicher. Sie massierte ihn ununterbrochen, wer kann das schon länger als eine halbe Stunde, ohne dass sich die Finger athritisch anfühlen? Also auf den ersten Blick das volle Klischee von wegen Herr und Sklavin. Aber dann kam was, was mich ehrlich gesagt echt verwirrt hat: sie standen auf, sie fasste ihm in die Badehose und führte ihn ab wie einen Hund. Gurke also als Leine. Jetzt bin ich ratlos. Was war das bitte? Exhibitionismus? Ein witziger Rollentausch von Frau Maso und Herrn Sado? Sah erbärmlich aus. Geil war‘s auch nicht. Ich verlor sie dann leider aus den Augen, weil mir inzwischen ein mitleidiger Schwimmer den Hund zugeschoben hat wie so eine alte Tschunke. Ich klage an. Nie erfahre ich irgendwas. Weder ob sich der Hund ersäuft hätte aus purem Trotz, noch wer bei dem mixed Couple die Hosen anhat.

Kolumne vom 4. August 2010


Inception

Kinoabend, Inception, neue mim Leonardi Caprio. Da geht‘s um Gedankenmanipulation. Es wird in die Träume eingestiegen und am Unterbewusstsein herumgefuhrwerkt. Die Ausstatter des Filmes hatten sicher eine Mordsgaudi. Und sie können froh sein, dass sie mich nicht im Team hatten, weil ich sag‘s ganz ehrlich: Wer dauernd nur von Häuserschluchten träumt, die sich hie und da auch in die Vertikale verschieben, hat‘s auf Dauer echt langweilig. Man wurde halt verfolgt und beballert, aber da fehlte was gravierendes: da war kein Sex. Leonardo konnte die ganze Zeit lang sorgenvoll herumwandeln und hie und da seiner toten Frau nachtrauern. Aber er blieb verschont von der Welt der verqueren Fantasie eines Otto Normalverbrauchers, wie z.B. dem Hängenbleiben am Dekollete der Gemüsefrau oder irgendwelchen fickenden Taxifahrern oder zumindest ein paar ungeplanten Nackerten, die doch sonst schon durch Träume spucken. Die ungeplanten Dampflocks, die durch Kaffeehäuser rauschen, ja, das ist traumrealistisch, aber dass alle bei der Flucht davor angezogen bleiben - das ist wiedermal typisch Hollywood.

Kolumne vom 11. August 2010


In der Schwebe

Ein Schulfreund träumte immer davon, eines Tages Sex im Weltraum, in der Schwerelosigkeit zu haben, was vermutlich ganz normal ist, wenn man 16 ist und David-Bowie-Fan.
Seinen jugendlicher Lebenstraum fiel mir wieder ein, weil ich gerade das Tauchen erlerne und man da immer wieder einmal, nun ja, schwerelos ist.
Sex stelle ich mir dabei aber, sogar ohne die streng riechende Neoprenhaut, eher mühsam vor.
Schmusen z.B. geht, aber nur wenn beide den Regulator aus dem Mund nehmen und solange der Blutsauerstoffvorrat reicht. Auch das aufblasbare und nebenbei die Brust bedeckene Tarierjacket fällt vermutlich nur ganz wenigen ins Reizwäsche-Raster. Von der ständig drohenden Gefahr, sich an Korallenbrocken die Arschbacken aufzuschlitzen, einmal zu schweigen.
Mag sein, dass das im Weltraum anders ist.  Dafür müffelt es sicher in der Raumkapsel, und wenn man einmal einen etwas leidenschaftlicheren Beckenstoss ausführt, dotzt der Geschlechtspartner minutenlang gegen die Wände.
Nein, nein. Wenn schon schwerelos schnackseln, dann weiterhin im eigenen Kopf. Und mit David-Bowie-Untermalung.

Kolumne vom 18. August 2010


Ohne oben Ohne

Gestern ist mir am Badestrand eine Frau ohne Bikinioberteil aufgefallen.
Vor ein paar Jahren noch hätte eine barbusige Frau am Strand, um aufzufallen, ein grosses grünes Aufblasgnu dabeihaben müssen oder wenigstens Opernarien schmettern, sogar in Griechenland.
Auch in München herrscht Unruhe, weil dem Englischen Garten die typisch münchnerischen, aus allen Reiseführern bekannten „Nackerten“ auszugehen drohen. Die blanke Haut ist also auf dem Rückzug. Aber was bedeutet das? Ironischen Neokonservativismus, so wie die ganzen schicken Schwulen in ihren Klassensprecherpollundern a la 19179? Einen echten gesellschaftlichen Backlash, in dem die Errungenschaften der sexuellen Revolution inklusive Klitoralorgasmus zerschmettert werden sollen? Reife, erwachsene Abgeklärtheit? Möglich wäre auch, dass die Frauen neuerdings klamm auf dem Busen trocknendes Textil irgendwie geil finden. Oder sich zumindest gerne ildefonsoartig dunklernougatlichternougat im Badezimmerspiegel sehen. Ich fordere jedenfalls eine grosse gesellschaftstheoretische Debatte über dieses Thema. Natürlich im Falter.

Kolumne vom 25. August 2010

Kolumnen im Falter Juli 2010

Ungeheuer

Auf den Falklandinseln haben sie jetzt einen Tiefsee-Tintenfisch namens Onyka Ingens entdeckt, dessen Penis in erigiertem Zustand genauso lang ist, wie das Tier selber – 67 cm. Ingens bedeutet auf lateinisch Ungeheuer. Glück gehabt, das Tier, dass es im Wasser lebt, weil ansonsten wäre es schon lange ausgestorben. Kann man ja nicht hatschen, mit so einem Rieseneumel dran. Man stelle sich einen Mann vor mit so einer Gemächtsperformance. Ich meine, der geht so seiner Wege und dann sieht er wen Geilen – und sein Ding fährt auf 1 Meter 80 aus. Da werden Passanten weggeräumt, Mauern eingedrückt, Hydranten zerschmettert und dann haut es ihn sowieso auf die Pfeiffe. Dauernd muss die Feuerwehr ausrücken, um aufgeregte Homo-Ingens-Männer mit unglaublichen Wassermassen auf ein gesellschaftlich vertretbares Mass runterzukühlen. Den Geschlechtsverkehr mit so jemanden besprechen wir jetzt gar nicht, weil unmöglich. Ausser er trifft auf jemanden mit einer Vagina ingens und in dem Zusammenhang sind viele von uns und ich am meisten ein bissi froh, dass wir keine Frauenärzte geworden sind.

Kolumne vom 07. Juli 2010


Griechisch

Ich soll mal über griechische Inseln schreiben und dass die alle so klingen wie irgendwas Orgiastisches. Würde ich aber nie veröffentlichen, so was, weil ich fahre ja heuer auch nach Griechenland. Also hoffentlich, wenn ich noch irgendwas zusammenbuche vor dem Herbst. Und die Griechen würden dann stocksauer sein wegen dem Geschreibsel und mir nichts zu essen geben und keinen Sonnenschirm. Ich würde verhungern und verbrennen. Es wäre schade um mich. Obwohl. Hm. Griechische-Insel–Sex? Here weg go! ITHAKA lud MERSINIA an der Bar auf eine SPYRIDINOSA ein. Bald wussten beide: oh, auch eine LESBOS! Schnell ging’s in Zimmer und zur Sache, wie die SFAKTIRIAS. „HYDRA! Ich brauche HYDRA!“ rief ITHAKA. Aber MERSINIA gab keinen PAXOS. Sie biss sie in die LEFKADAS, fast bis zum SKELOUDI. Sie dachte schon, sie müsse ins LAZARETO. Ihre GYNEKA war auch schon fix und fertig. Sie dachte an ihren Exmann, der mit allen seinen SAMOS und DONOUSSAS nie und nimmer so GIALI war wie die hier. Bitte keine Zuschriften zu dieser Kolumne. Für die Hitze mutet sie doch geradezu künstlerisch an. Ba-PACHI!

Kolumne vom 14. Juli 2010


Anziehen!

Jetzt, wo‘s so heiss ist und man die Nachbarn dauernd nackert herumlaufen sieht bzw. die Nachbarn einen dauernd nackert herumlaufen sehen, wird es fad, so das Nackerte per se. Weil, man weiss ja, das im Moment keiner vor lauter Geilheit nackert ist. Der Voyeurismus nährt sich ja ein bissl aus dem Ertappen. Letztens also wurde ich des Nackerten überdrüssig. Und da habe ich die Idee gehabt, ich zieh mich einfach an. Nämlich die Kombinege von der Omi. Dann habe ich mich damit auf den Billardtisch gelegt und Eiswürfeleiswasser geschlürft. Ja, wir haben einen Billardtisch. Ja, der verstellt ein komplettes Zimmer. Ja, der war eine Schnapsidee. Nein, man soll nicht drauf liegen, auf keinen Fall. Aber er steht an dem Platz in der Wohnung wo‘s am meisten zieht, also kann man da gut in Kombinege drauf herumliegen und schauen was die Nackerten gegenüber machen. Drei haben geglotzt! Also einer nur kurz und dann ging er ein Bier holen, aber die anderen waren echt verwirrt. Fantastisches Konzept. Werde morgen für Schlagzeilen sorgen und mit Bikini im FKKbereich vom Gänsehäufel auftauchen.

Kolumne vom 21. Juli 2010



Abendlicht

Früher Abend in einem Schanigarten an den Gestaden der alten Donau. Am Nebentisch sitzen zwei gestandene Herren, deren freizügig in knappgeschnittenen Funktionstextilien präsentierte Körper gleichermassen von langjähriger sportlicher Betätigung wie von ebenso langjährigem Bierkonsum und einem fortgeschrittenen Alter so um die Frühpensionistengrenze zeugen. Man spricht zunächst über einen früh aus dem Leben gerissenen Freund. „A Schlagl, am Tennisplatz, zack. Eh a schena Tod eigentlich, aber trotzdem...“ und im weiteren von dessen hinterbliebener Gattin: „Hast die Elfi amal wieder gsehn?“ „Ja, jetzt wieder. A, zwa Joah is ja praktisch ned ausn Haus gangen. Aber jetzt triffst es eh wieder da so in da Gegend, eh wieder lustig. Die ist immer no guat beinand für ihr Alter. Und die pudert no allerweil gern, alles paletti eigentlich wieder mit der Elfi.“ „Ja, siehst, bei der wollt i mi eh scho länger amal wieder melden.“ Und langsam taucht die sinkende Sonne alles in einen rotgoldenen Schimmer, und man hat das Gefühl, dass der frühe Abend eh eine schöne Zeit ist.

Kolumne vom 28. Juli 2010

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